“Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.” (F. Picabia)
Publikationen
Unternehmenskulturen-
Einflussfaktoren, Ausprägungen und Entwicklungsmöglichkeiten
Ostbayern. Der Begriff der Unternehmenskultur, auch Corporate Culture, ist ein
komplexes, vielschichtiges System, welches nach der Definition von Prof. Jan Liess die
„Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, welche die
Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen“
umfasst.
Konkret unterscheidet man bei der Betrachtung der Corporate Culture die für Dritte
sichtbaren und unsichtbaren Ausprägungen einer Unternehmenskultur. Zu den
sichtbaren Faktoren gehören z.B. das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, der
Corporate Identity, Firmenäußeres, wie auch die komplette Kommunikation (Vision,
Mission und Unternehmensleitbild) Auftreten oder auch der Dresscode der
Mitarbeitenden. Der Umgang und die Kommunikation mit dem Kunden, ob zugewandt
freundlich oder verschlossen introvertiert, gehören ebenso dazu wie das erkennbare
Verhalten der Mitarbeiter im direkten Kontakt mit den Kunden- oder in Meetings.
Zu den internen, für Dritte unsichtbaren Faktoren zählen hingegen gelebte Werte und
Normen des Umgangs, des Führungsverhalten, aber auch der Organisationsstrukturen.
Die Art und Weise wie die interne Kommunikation, der Informationsfluss und
prozessuale Entscheidungswege verlaufen, welches Konfliktverhalten die Mitarbeiter
zeigen oder wie Macht ausgeübt wird, sind Spiegel der Unternehmenskultur.
Dabei differenziert man die Unternehmenskulturen in der Regel auf einer Skala von
„stark kontrollierend“ bis „Autonomie gewährleistend“. Kontrollierende
Unternehmenskulturen legen den Fokus auf eine genaue, eher streng hierarchisch
orientierte Vorgehensweise. Entscheidungen werden top-down getroffen, Abstimmungen
und Feedback dirigiert und eingefordert. Den Mitarbeitenden werden konkrete Aufgaben
zugewiesen, Vorgehen und Lösungswege werden eher vorgegeben. Ein
Hierarchiebewusstsein ist präsent und wird mitunter in Statussymbolen gespiegelt.
In Unternehmenskulturen, die einen eher autonomiegestärkten Ansatz verfolgen, tragen
die einzelnen Mitglieder selbst Verantwortung und erhalten viel Freiraum für die eigene
Arbeitsgestaltung und Problemlösung. Die Organisationsstrukturen dieser Unternehmen
zeichnen sich durch eher flache Hierarchien aus und geben den einzelnen Mitarbeitern
viel Entscheidungsspielraum. Man denke an Startups oder Unternehmenskulturen der
jüngsten Zeit, wie sie Google oder Facebook oder anderen IT-Unternehmen vorleben.
Unangetastet bleibt dabei, und das ist wichtig zu bemerken, dass die verschiedenen
Unternehmenskulturausprägungen durchaus eine maximale Effizienz, was den
Unternehmenserfolg angeht, verfolgen können. Den Mitarbeitenden viel Freiraum zu
bieten, hat nicht zwingend zur Folge, dass es zu Chaos, Müßiggang und Ineffektivität
kommen muss.
Möchten Unternehmen ihre bestehende Unternehmenskultur weiterentwickeln, so
macht es Sinn, die Kernaufgaben gemäß dem Cynefin-Modell nach Bedarf auf ihre
Anforderungen zu prüfen. Sind sie komplex oder kompliziert? Bedürfen sie logischer
Bearbeitungsschritte oder kreativen Freiraums für multiple Lösungsvorschläge? Nicht
jede Problemlösung bedarf derselben Herangehensweise, nicht jeder Raum für
Autonomie ist für Lösungen geeignet.
Und mit Blick auf die Mitarbeitenden: Nicht jeder ist es gewohnt, nur kreativ oder nur
nach Vorgabe zu arbeiten. Für die gemeinsame, gelebte Unternehmenskultur ist es daher
umso wichtiger, über Leitbilder und Rahmenbedingungen diejenigen, d.h. alle, auf eine
solche Reise mitzunehmen, die die Kultur mit Leben füllen. Wenn ein Kulturwandel
angestrebt wird, so muss er an den äußeren wie ebenso an den inneren Faktoren, also
den Einstellungen, Werten und Normen der Menschen ansetzen. Eine
Unternehmenskultur ist eine strukturelle und gleichzeitig organische Einheit, die aus
gelebtem Alltag besteht und langsam wachsen können sollte.